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Eine etwas härtere, aber realistischere Variante habe ich bereits HIER beschrieben. Die Hardcore Variante, die jedoch ebenfalls nicht unwahrscheinlich ist, kommt von der National Academy of Sciences und beschreibt in seiner Studie für die USA einen Stromausfall von mehreren Monaten und betroffenen 130 Millionen Menschen. Der Deutsche Bundestag hatte 2011 eine KIT Studie in Auftrag gegeben, die keine guten Prognosen aufzeigt, denn Deutschland ist auf nichts vorbereitet.
Zitat: Blick.ch: Stellen Sie sich vor in der Schweiz würde tagelang der Strom ausfallen - Blackout. Was passiert, wenn in der Schweiz tagelang der Strom ausfällt? Sonntagsblick spielte das Horror-Szenario durch.
Es ist ein strahlender Wintertag, dieser 6. Februar 2013. Ein Mittwoch. Das Thermometer am Zürcher Limmatplatz zeigt minus drei Grad. Gisèle Girgis-Musy, Mitglied der Migros-Generaldirektion, checkt auf ihrem Computer am Hauptsitz die Wetterprognosen fürs Wochenende – weiterhin traumhaft schön, aber saukalt, sagen die Meteorologen.Es ist 10.13 Uhr, als der Bildschirm von Girgis-Musy plötzlich zu flackern beginnt. «Hoffentlich nicht so ein Stromausfall wie letztes Jahr», knurrt ein Kollege.
Damals, vor gut einem Jahr, war in drei Zürcher Stadtkreisen der Strom ausgefallen. Der Brand eines neuen fingerdicken Hochspannungskabels hatte den Unterbruch verursacht. Trams blieben stehen, erstmals erschien der «Blick am Abend» nicht, im sonst rappelvollen Globus-Restaurant am Bellevue sassen statt Kunden nur Angestellte an den Tischen – bei Kerzenlicht. Dafür machte der Marroni-Mann am Stadelhoferplatz ein Bombengeschäft.
Nach 2 Stunden 40 Minuten war der Spuk vorbei. Die meisten Menschen in den betroffenen Stadtteilen vergassen den Zwischenfall rasch wieder – nur manche wünschten sich öfter solche gemütlichen Mittage.
Als es an diesem herrlichen Februar-Mittwoch 2013 plötzlich dunkel wird in Büros und Geschäften, freuen sich einige erneut auf ein paar Stunden süsses Nichtstun. Doch diesmal soll es ganz anders kommen. Nicht nur in Teilen Zürichs, sondern in der ganzen Schweiz gehen innerhalb einer guten halben Stunde nach und nach die Lichter aus. In den Wochen zuvor war es in ganz Europa immer wieder zu Netzausfällen gekommen.
Jetzt stürzen Computer vom Genfer- bis an den Bodensee ab. Telefone verstummen. Herdplatten erkalten. Die SBB stoppen sämtliche Züge. Zwar könnte die Bahn dank ihrer eigenen, unabhängig funktionierenden Stromversorgung weiterfahren. Aber nur theoretisch: Gleis- und Signalanlagen hängen am öffentlichen Stromnetz.
Kurz nach 11 Uhr ist praktisch die ganze Schweiz ohne Strom. An der Ecke Papiermühlestrasse/Wölflistrasse in Bern knallt ein schwarzer Offroader in einen roten Mini – eine von unzähligen Kreuzungen, an denen die Ampeln streiken.
Mit einem Ruck stoppt die Sesselbahn auf den Piz Sezner oberhalb von Obersaxen. Auf einem der Sessel sitzt Andreas Halter (48) mit Sohn Marcel (15). Nach zehn Minuten ist den beiden die Kälte schon bis in die Knochen gedrungen. Marcel zückt sein neues iPhone 5, das gerade piepst. «Blackout in der ganzen Schweiz!», steht in dem SMS, das ihm ein Freund geschickt hat. «Krass», tippt Marcel schnell zurück. Doch die Antwort bleibt im Postausgang stecken, das Handy versagt den Dienst. «Ein Blackout?», fragt der Vater. «Na ja, ein Sturm kann es nicht gewesen sein, bei diesem Traumwetter.»
«Vielleicht ein Computervirus, das alle Kraftwerke lahm legt», meint Marcel. «Du surfst zu viel im Internet», antwortet Andreas Halter. «Alles Märchen, wie die Terroristen, die AKW in die Luft zu sprengen drohten. Oder der Sonnensturm, der das Magnetfeld der Erde stört.»
Im Bundesrat referiert Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann gerade über die Schwierigkeiten exportorientierter Firmen, als das Licht für Sekundenbruchteile flackert. Er weiss noch nicht, dass er bald oberster Krisenmanager der Schweiz sein wird. Unterbrochen wird die Sitzung nicht: Im Keller beginnt das Notstromaggregat zu brummen. Es versorgt das gesamte Bundeshaus mit Elektrizität. Die Landesregierung vertieft sich nach einer kurzen Störung weiter in Hilfsmassnahmen für die gebeutelte Exportbranche.
Unterdessen greift auf den Chefetagen der Energiewerke Hektik um sich – grösste Hektik. Experten von Axpo, Alpiq und Co. machen sich auf die Suche nach Lösungen.
Mittagszeit. Die meisten Restaurants bleiben leer. Nur bei manchen Pizzerias stehen die Menschen bis auf die Strasse Schlange – Holzöfen funktionieren auch ohne Strom, Herdplatten dagegen nicht.
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Und zwar für längere Zeit.
Was «längere Zeit» bedeute, fragt Bundesrat Schneider-Ammann bei der Krisensitzung am Nachmittag. «Zwei Tage, vielleicht länger», sagt ein Beamter, den Schneider-Ammann noch nie gesehen hat.
Kein Weg führt mehr daran vorbei: Der Volkswirtschaftsminister muss dem Gesamtbundesrat Massnahmen zur wirtschaftlichen Landesversorgung beantragen. Sofort. An der Krisensitzung nehmen auch Vertreter des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) teil, mit Migros-Frau Gisèle Girgis-Musy an der Spitze. Sie ist – nebenamtlich – die Direktorin des BWL. Ob die Spitäler genug Strom hätten, will Schneider-Amman wissen. Ja, solange Diesel für die Notstromanlagen da sei.
Das heisst? Die Schweiz habe – genau wie bei Heizöl und Benzin – einen Diesel-Vorrat für viereinhalb Monate, antwortet ein BWL-Kadermann. Theoretisch genug, obwohl das Pflichtlager in den letzten Jahren deutlich reduziert worden ist. Es sei nur logistisch fast unmöglich, innert nützlicher Frist genug Diesel zu den Notstromaggregaten zu bringen. Ob die wichtigsten Firmen denn wenigstens solche Aggregate hätten, hakt der Volkswirtschaftsminister nach.
«Das BWL versucht seit Jahren, sie zu ermuntern, sich mit Notstromanlagen auszurüsten», sagt der BWL-Mann. «Leider vergebens.»
Inzwischen haben auch die Kantone ihre Krisenstäbe hochgefahren. Girgis-Musy bietet alles auf, was ihr Amt hat: Über 30 Angestellte in Bern. 300 führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Verwaltung in der ganzen Schweiz. Die «Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen», kurz Ostral, eine Art Nottruppe der Schweizer Elektrizitätsunternehmen. Gemeinsam will man die Schweiz mit dem Allernötigsten versorgen, falls der Strom in der Nacht nicht zurückkommt.
Am nächsten Morgen: Noch immer kein Strom.
Eine Nacht wie diese hat die Schweiz seit Menschengedenken nicht mehr verbracht. Berührend und schrecklich zugleich. Am gefragtesten sind Wohnungen mit Cheminée; egal ob Elektro-, Gas- oder Ölheizung – ohne elektrische Steuerung läuft nichts. Die Schweiz ist vor den Kaminfeuern zusammengerückt. Aber die leeren Wohnungen haben schon jetzt Plünderer angelockt.
Hunderte Passagiere stecken am Morgen in Kloten fest. Nur wenige Flugzeuge landen. Alle Rollbänder stehen still. Das Bodenpersonal verteilt die Koffer.
Am Vormittag des 7. Februar tagt der Krisenstab erneut unter Leitung von Johann Schneider-Amman. Sorgenvoll hört er die Rapporte: Allein in Zürich 38 Bancomaten geknackt. 14 Tankstellenshops im Kanton Bern geplündert. In einem Basler Haushaltgeschäft gab es eine Schlägerei um den letzten Gaskocher – ein Schwerverletzter blieb auf der Strecke.
Die kantonalen Krisenstäbe legen die Pläne zum Einsatz von Polizei, Feuerwehr und Zivilschutz vor. Arbeit gibt es, weiss Gott, genug: Lokale sind vor Einbrechern zu schützen; hilflose Menschen brauchen Essen und Trinken, Heime müssen evakuiert, Krawalle geschlichtet werden.
Auch eine gute Nachricht erreicht den Krisenstab: Am Vortag hat eine Frau in einem stecken gebliebenen Zug ein Baby geboren – es lebt!
Paradox: Während in vielen Haushalten die Lebensmittel ausgehen, modern sie in den menschenleeren Supermärkten vor sich hin. Kleine Läden versuchen, ihre Ware loszuwerden, so gut es eben geht: «Butter, Milch, Yoghurts – nur 20 bis 50 Rappen» steht auf einem Schild in der Basler Innenstadt. Gegenüber bedient ein Apotheker seinen Kunden aus dem kalten Auto: Dort bewahrt er Medikamente auf, die dringend Kühlung brauchen.
Mehrfach schon hat sich der Bundesrat via DRS1 ans Volk gewandt. Viele Schweizer haben noch batteriebetriebene Radiogeräte daheim. Um 17 Uhr lässt er einen dramatischen Aufruf verbreiten: Die Schweiz werde wohl eine weitere Nacht im Dunkeln sitzen. Jetzt, in dieser schwierigen Stunde, müsse das Land zusammenhalten. Straftaten würden mit aller Konsequenz verfolgt.
Die zweite Nacht
Während manche die ersten 24 Stunden ohne Strom zumindest teilweise als romantisch empfanden, wird diese Nacht den allermeisten als Alptraum in Erinnerung bleiben. In vielen Wohnungen mit Cheminée bleibt es kalt – das Holz ist aufgebraucht. Später wird man 42 Erforene zählen. Im Jurassischen schiesst ein Bauer mit einer Schrotflinte auf einen mutmasslichen Einbrecher – er hat in der Dunkelheit den Nachbarn nicht erkannt.
Gisèle Girgis-Musy hat seit 72 Stunden nicht mehr geschlafen, als sie um 7 Uhr ihr Kofferradio einschaltet.
Erneut spricht Johann Schneider Ammann. Er hat keine guten Neuigkeiten. Die Schweiz muss sich auf einen weiteren langen Tag und eine weitere dunkle Nacht vorbereiten.
Der SonntagsBlick vom 10.Februar gehört zu den ersten Zeitungen im Land, die wieder erscheinen – eine Notausgabe. Mindestens 103 Todesopfer hat der grosse Blackout gefordert, steht auf Seite 1. Und im Interview erklärt ein Energie-Experte, dass es noch Tage, vielleicht Wochen dauern werde, bis der Strom flächendeckend zurück sei.
PS: Der amtierende Stabschef des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung, Michael Eichmann, hat dieses Szenario des SonntagsBlick vorab gelesen. Sein Kommentar: «Durchaus realistisch. Es könnte auch noch schlimmer kommen.» Quelle: www.blick.ch